}TEST ALT GEGEN NEU
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P A N O R A M A
Ob alte oder neue Boxen, die Lautsprecher
einfach hinzustellen reicht nicht. Das opti-
male Ergebnis ist mit zumindest etwas Mühe
verbunden. So sind zwar mehrere Parameter
miteinander in Einklang zu bringen, aber der
letztlich zu erreichende Idealkompromiss
führt zu einem Klangerlebnis, das für den
verhältnismäßig geringen Aufwand mehr als
entschädigt. Da sich die Basisbreite durch
ein gleichschenkliges bis gleichseitiges
Dreieck mit dem Hörplatz schon ein wenig
vorgibt, fangen w ir damit an und versuchen
eine vernünftige Distanz zwischen die
Lautsprecher zu bringen. Eine weiträumige,
natürliche und fokussierte Wiedergabe ohne
Mittenloch, das entsteht, wenn man das
Auseinanderziehen der beiden Lautsprecher
übertreibt, ist das Ziel dieser Maßnahme.
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L Ä N G S V E R S C H I E B U N G
Näher an der Wand - und erst recht in der
Raumecke - nimmt die Basspotenz eines Laut-
sprechers zu. Das hängt mit der Schallverstär-
kung durch begrenzende Flächen zusammen,
zu denen naturgemäß auch der Boden zählt.
Innerhalb eines Raumes gibt es Schwingungs-
bäuche und Knotenpunkte, so dass gerade die
Basswiedergabe schon mit einer Handbreit
Verschiebung justierbar ist.
Mitunter kommt es auch vor, dass die Basswie-
dergabe just am Hörplatz perfekt ist, rings um
die Sitzcouch aber beispielsweise des Guten
zu viel vorhanden zu sein scheint. Maßgeblich
für das Musikerlebnis ist aber in der Tat NUR
der Hörplatz, der so genannte „Sweet Spot",
der im Extremfall für einen einzigen Hörer gilt.
Selbstredend kann man auch Kompromisse
für zwei bis drei Zuhörer suchen - und finden.
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W I N K E L U N G
Eine räumliche Abgrenzung der Instrumente
und Stimmen zueinander lässt sich durch
das Eindrehen oder Geradeausrichten der
Schallwandler beeinflussen und sogar
relativ fein justieren.
Der Basisbreitenfindung nicht unähnlich
wird eine fokussierte Wiedergabe ange-
strebt, bei der eine Sängerin oder ein Sänger
nicht zu viel, aber auch keineswegs zu wenig
Brustvolumen haben, was problemlos zu
hören ist. Pavarotti schlank ist genauso
falsch wie Kylie Minogue füllig. Die Grö-
ßenverhältnisse und Dimensionen einzelner
Instrumente müssen „stimmig" abgebildet
werden. Dazu gehört auch die dreidimen-
sionale Tiefenstaffelung, die erheblich zum
audiophilen und letztlich begeisternden
Gesamtergebnis beiträgt.
Tom Frantzen
STEREO-Redakteur
D
ie High End Society hat vor nicht allzu
langer Zeit veröffentlicht, dass die
durchschnittliche HiFi-Anlage in deutschen
Wohnzimmern knapp zehn Jahre alt ist.
Statistisch bedeutet das angesichts der
gleichwohl stattfindenden Neu- und Ersatz-
käufe, dass es etliche gibt, die noch mehr
Jahre auf dem Buckel haben (müssen).
Und auch ohne seherische Fähigkeiten
kann man davon ausgehen, dass oftmals
gerade die Lautsprecher noch länger
unangetastet verweilen dürfen und erst
unangenehm auffallen, wenn sie tatsäch-
lich anfangen zu zerfallen. Das bestätigt
der kritische Blick in den Freundes- und
Bekanntenkreis - und die sind wenigstens
etwas sensibilisiert, weil sie zumindest
wissen, dass es da noch etwas gibt,
FAZIT
was weitaus überzeugender aufspielt und
womöglich Lebensqualität bedeutet. Doch die
Gründe, Jahrzehnte an denselben Lautspre-
chern festzuhalten und sie womöglich eher
zu reparieren/restaurieren als durch moder-
nere, ja bessere zu ersetzen, sind natürlich
mannigfaltig. Sie reichen von Bequemlichkeit,
Besitzerstolz, Nostalgie („vom ersten eige-
nen Lehrgeld") und Gewohnheit bis hin zu
Unsicherheit, Ignoranz und Angst vor Verän-
derung. „Passt schon, sind ja noch gut." Mag
sogar sein. Auch ich kenne einen, dessen fast
30 Jahre alte und schon damals fünfstellig
kostende Lautsprecher kaum einen würdigen
Gegner finden können. Aber das ist, wie unser
Rundblick zeigt, die absolute Ausnahme.
Ob B&W, Canton, DALI, Dynaudio oder
T+A, um nur die von uns begutachteten
Paarungen „A lt gegen Neu" zu nennen,
der technische Fortschritt hat - für manche
vielleicht überraschend - auch bei Lautspre-
chern stattgefunden! Die Qualität und Wei-
terentwicklung der Materialien und Bauteile,
der Werkzeuge, der Verfahrenstechnik, die
keineswegs stillstehenden Erkenntnisse und
Erfahrungen der Entwickler, vor allem aber
die hochgerüsteten Computermöglichkeiten
wie Simulation und CAD, sind heute nicht
mehr mit dem Wissen und Potenzial von vor
zwei oder drei Jahrzehnten vergleichbar.
Der Unterschied ist im Ganzen unüberhörbar
und im Detail gigantisch. Und die Summe
der Details macht den Unterschied. Aus
gleichem Hause bekommen Sie heute
inflationsbereinigt für
etwa
dasselbe
Geld, in Einzelfällen - siehe Dynaudio -
sogar absolut gesehen weniger (!) eine
Lautsprecherqualität,
die
Ihnen
den
Atem verschlägt und die gutgeglaubten
schallwandelnden Langzeit-Mitbewohner
degradiert, ja mitunter gar diskreditiert und
brüsk deklassiert.
Also tun Sie sich selbst und Ihren Lieben
einen Gefallen und investieren Sie nach
eigener Recherche im Fachhandel in zeit-
gemäße Lautsprecher. Die klingen nicht nur
zum Teil erheblich besser und ermöglichen
so ein Musikerlebnis der Extraklasse, sie
sehen in den meisten Fällen auch noch
ansprechender und wohnraumfreundlicher
aus als ihre Ahnen, mit denen womöglich
auch Sie noch Ihr Wohnzimmer teilen, lieber
Leser. Sie müssen die alten Lautsprecher,
so sie denn noch intakt sind, ja noch nicht
einmal rausschmeißen, sie können doch im
Arbeits- oder Kinderzimmer oder gar - wie
einige größere Boliden - im Partykeller noch
zu neuen Ehren kommen.
38 STEREO 6/2014